Eine Liebesgeschichte

Als ich damals vor 16 jähren nach Berlin kam, war es wie ein Befreiungsschlag für mich. Plötzlich war ich an einem Ort, an dem ich mich verstanden und zuhause fühlte. Rückblickend weiß ich das, aber damals war es einfach nur ein unglaublich gutes und aufregendes Gefühl.
Ich kam im tiefsten Winter hier an und schon die Fahrt in diese Stadt war überwältigend. Ich hatte zuvor schon in anderen größeren deutschen Städten gewohnt, aber nichts war vergleichbar mit Berlin. Ich fuhr mit einer Mitfahrgelegenheit die Straße des 17.Juni entlang, vorbei am großen Stern und am Berliner Dom. Ich dachte mir, hier wird Geschichte geschrieben.
Meine Schwester lebte bereits schon ein paar Jahre in Berlin Treptow, in einer kleinen Ofenwohnung. Ich war gekommen um bei der Eignungsprüfung meiner späteren Uni mitzumachen. Ich kam mit großer Mappe und kleinem Koffer.
Mit dieser Mappe im Arm stand ich am nächsten Tag auf der Brücke der Warschauer Straße und ein kalter Schneewind blies mir um die Ohren. Irgend jemand quatschte mich von der Seite an, ich weiß nicht mehr was er sagte, aber ich fühlte, hier findet das wahre Leben statt. Vielleicht nicht immer schön und angenehm und auch nicht immer einfach, aber echt.
Hier wird man wie ein Mensch behandelt. Keiner fragt dich wo du her kommst und was du hier machst. Du bist einfach da und lebst. Du lässt dich treiben, schaust was passiert, welchen Menschen du begegnest und welche Orte du erkunden kannst. Du lernst die unterschiedlichsten Menschen kennen, die alle irgendwann einmal hier her gespült wurden aus den unterschiedlichsten Gründen. Aus der Not, aus Zufall, auf der Durchreise. Hier gibt es keine Grenzen der Generationen, der Einkommen oder der Herkunft. Wir alle sind hier her gekommen um uns davon zu befreien einem vorgegebenen System zu folgen, das nicht so richtig passen will und an allen Ecken und Enden zwickt.
Wie es den Menschen geht, die hier geboren wurden? Wie sie sich fühlen weiß ich nicht, aber sie sind definitiv auch anders als alle, die mir vorher begegnet sind. Auch wenn der Berliner Ton oft schlecht gelaunt und rau klingt, Humor steckt immer drin. In Berlin kommt man an die Menschen und ihre Geschichten ran, hier herrscht keine Fassade, die unbedingt aufrecht erhalten werden muss. Das gefällt mir.
Und ja, es ist laut, groß, dreckig und stinkig. Ich wohne in Neukölln und früher wohnten wir in einer Straße direkt an der Ringbahn. Auf der einen Seite Häuser, auf der anderen Müllhalde und Außentoilette für alle, die sich mal eben schnell erleichtern müssen. Die Feuerwehr um die Ecke und eine Bahn, die alle 5min durch saust. Nachbarn, die dir bei der Reparatur deines Autos helfen wollen, das du danach nie mehr wieder siehst und ein Innenhof, in dem der Buddelkasten die Hundetoilette ist. Abends kannst du bei deiner Daily Soap live dabei sein, indem du einfach nur das Fenster zum Innenhof öffnest. Inzwischen wohnen wir sehr viel ruhiger, aber was soll ich sagen, manchmal vermisse ich genau das, verrückt oder?
Wenn ich mit dem Fahrrad durch diese pulsierende Stadt fahre, dann kommt in regelmäßigen Abständen immer noch dieses Gefühl wieder, das ich hatte als ich zum ersten mal in diese Stadt kam. Und ich fühle mich in diesem Moment sehr lebendig.
Besonders liebe ich das Tempelhofes Feld, auch Tempelhofer Freiheit genannt. Du willst nur mal eben drüber fahren um z. B nach Kreuzberg zu kommen und schwups bist du in der Freiheit angekommen. Deine 5 min Fahrt mit dem Fahrrad erscheint dir plötzlich so, als wärst du durch ein Loch in eine andere Sphäre gefahren. Was sind deine besonderen Orte und Erlebnisse in Berlin? Was macht die Stadt für dich so besonders? Ich freue mich auf deine Eindrücke und Erlebnisse.